Notenbanken – die geldpolitischen Supermächte

Notenbanken wie die Euro­päische Zentral­bank (EZB) oder die Federal Reserve (Fed) in den USA haben lange Zeit mehr oder weniger unbemerkt von der breiten Öffentlich­keit agiert: Geldpolitik war vor allem etwas für Politiker und Finanz­experten. Seit der Finanzkrise 2007, spätestens aber mit der Corona-Pandemie hat sich dieses Bild gewandelt: Durch die umfang­reichen Maß­nahmen der Noten­banken – nicht zuletzt ihre Null­zins­politik – stehen die Zentral­banker mit ihren Ent­scheidungen nun auch im Fokus von Sparern und Anlegern.

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Die Aufgaben der Währungshüter

Dabei hat sich an den grund­sätzlichen Aufgaben der Noten­banken, die auch als Zentral­banken bezeichnet werden, wenig geändert. Sie sind seit jeher für die Funktions­fähigkeit des Geld­wesens in einem Land oder einem Währungs­gebiet wie zum Beispiel der Eurozone verantwortlich und besitzen das Noten­privileg, also das Recht zur Ausgabe von Banknoten. Zudem verwalten sie die Währungs­reserven. Ziel bei all ihren Bestrebungen ist die Wahrung der Preis­stabilität, also die Verhinderung eines langfristig zu hohen Preis­anstiegs (Inflation) beziehungs­weise eines Preis­verfalls (Deflation). Hinzu kommt die Unter­stützung der Wirtschafts- beziehungs­weise Arbeits­markt­politik, sofern sie dem Inflations­ziel nicht entgegensteht. Hier können sich die Schwer­punkte einzelner Noten­banken unterscheiden: Während beispiels­weise die EZB die Preis­stabilität als vordringlich definiert hat, betont die Fed die Gleich­wertigkeit beider Ziele.

Um ihre Ziele besser erreichen zu können, sollen Noten­banken in vielen Ländern unabhängig von der Politik agieren können. Dadurch soll vermieden werden, dass Regierungen die Geld­politik kurzfristig zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, ohne die lang­fristigen Folgen zu beachten. In der Realität ist eine klare Trennung zwischen der Geld­politik der Notenbanken und der Fiskalpolitik von Staaten allerdings kaum möglich. Unter Fiskal­politik versteht man alle Maß­nahmen eines Staates, mit denen dieser die kon­junk­turellen Entwicklungen lenkt, zum Beispiel Kon­junktur­pro­gramme.

Insbesondere in Krisen­zeiten, etwa während der Finanz­krise oder in der Coronavirus-Pandemie, können die Grenzen verschwimmen, wodurch geld­politische Ent­scheidungen an globaler Tragweite gewinnen können.

Geldpolitische Instrumente

Die Noten­banken können auf verschiedene Instru­mente zurückgreifen, um ihre Ziele zu erreichen und beispiels­weise Einfluss auf die Geld­menge, die Zinsen oder die Teuerungs­rate zu nehmen. Die wichtigsten davon sind die Anpassung der Leit­zinsen, die Änderung der Mindest­reserve­sätze sowie die sogenannte Offen­markt­politik.

  • Leit­zinsen: Der Leit­zins, genauer gesagt der Haupt­refinanzierungs­satz als einer von mehreren Leit­zinsen, bezeichnet den Zinssatz, zu dem die Noten­banken Geschäfte mit den Geschäfts­banken tätigen, also zum Beispiel Geld verleihen. Sinkt der Leitzins, werden tendenziell auch Kredite günstiger und die Anlage­zinsen fallen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten versuchen Noten­banken damit die Konjunktur zu stimulieren und eine Deflation zu verhindern. Steigt der Leitzins, wird Geld „teurer“, die Kredit­vergabe wird gebremst und die im Umlauf befindliche Geld­menge nimmt ab – zumindest in der Theorie. Dadurch können Noten­banken hohen Inflations­risiken entgegenwirken.
  • Mindest­reserve­sätze: Geschäfts­banken wie zum Beispiel die Postbank müssen einen bestimmten Anteil ihrer gesamten Einlagen bei „ihrer“ Notenbank (für deutsche Banken ist das die Bundes­bank) als Sicher­heit hinterlegen. Dieses Geld steht den Banken nicht zur Kredit­vergabe zur Verfügung. Erhöht die Noten­bank den Mindest­reserve­satz, entzieht sie Banken also Liquidität (flüssige Mittel) und verknappt die Geld­menge, was inflations­hemmend wirkt.
  • Offen­markt­politik: Darunter versteht man vereinfacht gesagt den Handel der Noten­banken mit Wert­papieren. Während der Finanz­krise und auch in der Coronavirus-Krise haben Noten­banken zum Teil massiv Staats­anleihen von in Schief­lage geratenen Staaten gekauft, um diese zu stützen. Staaten benötigen laufend Liquidität, um sich am Leben zu halten. Für die betroffenen Länder wäre es jedoch schwierig gewesen, sich am freien Markt Kredite zu einem vertret­baren Zins zu beschaffen. Diese „Rettungs­programme“ hatten wirtschaftlich Erfolg, sorgten aber auch für eine Aus­weitung der Geld­menge – ein Nähr­boden für steigende Inflationsraten.

Die Rückkehr der Inflation

Dank extrem niedriger Leit­zinsen von null Prozent (EZB) oder nahe null Prozent (Fed), niedriger Mindest­reserve­sätze und milliarden­schwerer Anleihe­kauf­programme ist es den Noten­banken in den zurück­liegenden Krisen­zeiten gelungen, die Wirtschaft zu stützen und eine Deflation zu vermeiden. Sie waren damit einer der wichtigsten Player bei der Bewältigung dieser Krisen.

Mit der Rückkehr der Inflation stehen die Noten­banken nun jedoch vor einer neuen Heraus­forderung: Eine Fort­führung ihrer extrem expansiven (unter­stützenden) Geldpolitik könnte die Preis­steigerungen weiter nach oben treiben. Insbesondere die Fed hat daher erste Schritte unter­nommen, um die Geld­menge einzu­dämmen und der Inflation ent­gegen­zuwirken: Das Auslaufen ihrer Anleihe­kauf­programme und die all­mähliche Anhebung des Leit­zinses im Jahr 2022 sollen dazu beitragen. In Europa sind ver­gleich­bare Schritte mit etwas zeitlicher Ver­zögerung ebenfalls zu erwarten beziehungs­weise bereits eingeleitet worden.

Was bedeutet dies für Sparer und Anleger?

Für Sparer wird sich kaum etwas ändern, solange die Teuerungs­raten über den Zins­niveaus verharren. Denn dadurch bleiben die Real­renditen – der Zins­ertrag abzüglich der Inflation – negativ, das einge­setzte Kapital verliert also Jahr für Jahr weiter an Kauf­kraft. An den Kapital­märkten wiederum dürfte es auf absehbare Zeit, je nach Entwicklung des Inflations- bzw. Zins­niveaus, zu einer erhöhten Schwankungs­intensität kommen – sowohl im Hinblick auf Anlage­klassen als auch auf einzelne Sektoren innerhalb dieser Klassen. Insgesamt scheint in einem solchen Umfeld ein breit gestreutes Anlage­portfolio ratsam, das neben Aktien und Anleihen auch alternative Anlagen wie beispiels­weise Immobilien beinhalten könnte.