Ein Ende der Minuszinsen ist in Sicht. Weltweit haben wichtige Notenbanken die Zinswende bereits mit ersten Leitzinsanhebungen eingeläutet oder diese zumindest angekündigt. Dadurch steigen nach langer Zeit auch die Zinsen für festverzinsliche Sparprodukte wie Tages- oder Festgeld wieder an. Gleichzeitig sorgen der Russland-Ukraine-Krieg und dessen Folgen für große Kursschwankungen an den Börsen. Trotzdem könnte eine Geldanlage in Wertpapieren interessant sein.
Klassische Sparprodukte contra Geldanlage in Wertpapiere?
Das Ende der Nullzinspolitik in Sicht?
Es geht wieder aufwärts mit den (Leit-)Zinsen. Den Anfang machte die US-Notenbank Federal Reserve, kurz Fed: Im März 2022 nahmen die US-Notenbanker die erste Leitzinserhöhung seit 2018 vor, um 0,25 Prozentpunkte. Im Mai und Juni folgten Zinsschritte um 0,5 Prozentpunkte beziehungsweise 0,75 Prozentpunkte. Letzterer war der größte Zinsschritt der Fed seit 1994. Im Juli erfolgte ein weiterer Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte. Viele andere Notenbanken weltweit zogen bereits nach. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Juli den Leitzins von 0,00 Prozentpunkten auf 0,50 Prozentpunkte angehoben. Ein wesentlicher Grund für die Anhebung der Leitzinsen sind die hohen Inflationsraten. Mit einer strafferen Geldpolitik, zu der auch Leitzinserhöhungen gehören, versuchen die Notenbanken, die hohen Teuerungsraten in den Griff zu bekommen.
Steigende Sparzinsen
Für Sparer sind steigende Leitzinsen eine gute Nachricht. Denn sie könnten Banken nach vielen Jahren dazu veranlassen, die Zinsen für Tages- und Festgeld wieder anzuheben. Hintergrund: Bei negativen Leitzinsen kostet es die Geschäftsbanken Geld, ihre Einlagen bei den Zentralbanken zu parken. Entsprechend niedrig fiel in den vergangenen Jahren die Verzinsung der Kundeneinlagen aus. Mehr noch: Viele Banken führten für größere Kundenguthaben sogar Verwahrentgelte ein. Diese werden nun Stück für Stück wieder abgeschafft.
Im Laufe des zweiten Quartals 2022 hat sich der Zinssatz, den Festgeldsparer bei deutschen Banken maximal bekommen können, bereits mehr als verdoppelt, berichtet das Verbraucherportal Verivox. Für Festgeldanlagen mit zwei Jahren Laufzeit erhielten die Kunden demnach bei deutschen Banken in der Spitze vereinzelt um die 1 Prozent Zinsen. Im August gab es für entsprechende Festgeldanlagen vereinzelt sogar bis zu 1,75 Prozent. Anfang April lag die Verzinsung in der Spitze nur bei 0,41 Prozent.
Echte Begeisterungsstürme dürfte die Zinsentwicklung bei Sparern allerdings noch nicht auslösen. Denn schaut man auf die Rendite festverzinslicher Geldanlagen, gilt es zwischen Nominalzinsen und Realzinsen zu unterscheiden. Unter Realzinsen versteht man die Nominalzinsen – also die Zinsen, die ein Sparer jährlich auf sein Sparguthaben erhält – abzüglich der erwarteten Inflation. Kräftige Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel haben die Teuerungsrate in Deutschland 2022 auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren getrieben. Im Juli etwa lagen die Verbraucherpreise um 7,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die Bundesbank prognostizierte im Juni für das Gesamtjahr 2022 eine Inflationsrate von 7,1 Prozent. Positive Realrenditen festverzinslicher Einlagen scheinen damit noch in weiter Ferne.
Tipp
Mit etwas höheren Nominalzinsen als in Deutschland locken einige ausländische Banken. Bevor Sie Ihr Kapital einer solchen Bank anvertrauen, sollten Sie prüfen, ob diese bei einer möglichen Bankenpleite einem verlässlichen Einlagensicherungssystem unterliegt. In Deutschland schützt die gesetzliche Einlagensicherung 100.000 Euro pro Einleger pro Bank. Darüber hinaus gehören die meisten Banken freiwilligen Einlagensicherungssystemen an, die einen noch weitergehenden Schutz bieten. Im Ausland ist das oft anders.
Mehr Renditechancen durch Wertpapiere?
Bessere Aussichten auf positive Realrenditen als festverzinsliche Anlagen versprach in den vergangenen Jahren grundsätzlich eine Geldanlage in Aktien. Blickt man auf das entsprechende DAX-Rendite-Dreieck des Deutschen Aktieninstituts, so erzielte beispielsweise eine monatliche Geldanlage in Aktien des deutschen Leitindex DAX von 2012 bis Ende 2021 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7,8 Prozent (ohne Kosten und Steuern auf Erträge). Und das bei einer durchschnittlichen jährlichen Inflationsrate von 1,37 Prozent. Vereinfacht gesagt schlugen Aktien die Inflation im genannten Zeitraum um durchschnittlich 6,43 Prozentpunkte. Die Realzinsen für festverzinsliche Neueinlagen privater Haushalte mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren lagen im selben Zeitraum bei maximal 1,4 Prozent, häufig jedoch sogar im Minus. Somit hatte eine Geldanlage zum Beispiel in Aktieninvestments in puncto Rendite klar die Nase vorn.
Dabei ist zu beachten, dass Wertentwicklungen in der Vergangenheit natürlich kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen sind. Nach Meinung der Postbank könnten die Kursgewinne der großen Aktienindizes auf absehbare Zeit tatsächlich geringer ausfallen als in den vergangenen Jahren. Die Gründe: hohe Inflation, steigende Zinsen und abnehmendes Wachstum. Steigende Kapitalmarktzinsen könnten beispielsweise Anleger dazu veranlassen, ihr Kapital in als sicherer geltende Anlagen zu verschieben, etwa Staatsanleihen bonitätsstarker Länder oder eben auch festverzinsliche Einlagen wie Festgeld. Zudem könnten steigende Zinsen die Unternehmensgewinne schmälern, weil Kredite für wichtige Investitionen teurer werden. Das wiederum könnte sich negativ auf die Aktienkursentwicklung und mögliche Dividendenzahlungen der Unternehmen auswirken. Hinzu kommen weitere Risiken für die Aktienmärkte, zum Beispiel durch den Russland-Ukraine-Krieg oder die Coronavirus-Pandemie. Der US-Leitindex S&P 500 legte im ersten Halbjahr 2022 gerechnet in US-Dollar mit einem Verlust von 20 Prozent die schwächste erste Jahreshälfte seit 1970 hin; das Minus in Euro betrug 13 Prozent. Der europäische STOXX 600 entwickelte sich mit minus 15 Prozent ähnlich schlecht.
Insgesamt könnten aber weiterhin interessante Anlagechancen an den Aktienmärkten bestehen. Bereits abzusehen sind beispielsweise verstärkte politische Anstrengungen, die Energieerzeugung in Europa nachhaltiger und unabhängiger von ausländischen Rohstofflieferungen aufzustellen. Unternehmen, die von dieser Neuorientierung positiv betroffen sind, sollten langfristig von den jüngsten Entwicklungen profitieren können. Dazu zählen zum Beispiel solche, die essenzielle Technologielösungen für die Energiewende liefern.
Das Beste aus zwei Welten
Für Sparer wird sich die Situation trotz der ersten Leitzinsanhebungen also vorerst kaum spürbar verändern, denn die Zinsen bleiben zu niedrig, um den Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation auszugleichen. Hier bleibt abzuwarten, wie die erwarteten weiteren Zinserhöhungen insbesondere der EZB ausfallen werden und wie sich die Inflation entwickelt. Insofern könnte sich zum Parken einer aktuell nicht benötigten Kapitalreserve eine Tagesgeldanlage oder eine Festgeldanlage mit kürzerer Laufzeit anbieten.
Für den langfristigen Vermögensaufbau könnten sich entsprechend risikobereiten Anlegern auch weiterhin Investments in Aktien anbieten – mit Blick auf die aktuelle Schwankungsanfälligkeit der Aktienmärkte zum Beispiel in Form aktiv gemanagter Investmentfonds oder ETFs (börsengehandelte Indexfonds). Denn Fonds streuen die Risiken einer Aktienanlage auf verschiedene Unternehmen, Branchen und Regionen. Wichtig ist dabei, dass Sie das investierte Geld über mehrere Jahre entbehren können, um entsprechend lange Kursrückgänge aussitzen zu können. Grundsätzlich haben Sie bei einer Fondsanlage die Wahl zwischen Einmalanlagen und Sparplänen. Ein Sparplan auf ETFs lässt sich bei der Postbank bereits ab 25 Euro monatlich abschließen. Alles, was Sie dafür benötigen, ist ein Wertpapierdepot. Für das Sparen über viele Jahre ist der richtige Einstiegszeitpunkt übrigens von nachrangiger Bedeutung.
Risikohinweis
Jede Anlage in Wertpapieren ist mit Risiken verbunden. Die Anlage ist nicht garantiert, Schwankungen des Marktes können zu Kursverlusten bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen. Über die speziellen Risiken des jeweiligen Wertpapierproduktes informieren Sie die jeweiligen gesetzlich vorgeschriebenen Verkaufsunterlagen. Diese sind auf www.postbank.de abrufbar, wenn Sie dort in der Suche die ISIN/WKN des Produktes eingeben und außerdem erhältlich in der Postbank Filiale bei Ihrem Wertpapierberater. Weitere Informationen enthalten zudem die „Basisinformationen für Wertpapiere und weitere Kapitalanlagen“.