Die Deutschen und ihr Bargeld – Ende einer Lovestory?

Nur Bares ist Wahres – in Deutschland regierte lange Zeit der Geldschein im Portemonnaie: Die Europäische Zentralbank meldete, dass Münzen und Scheine Ende 2019 noch immer das am weitesten verbreitete Zahlungsmittel darstellten. Seit Beginn der Pandemie schätzen jedoch viele Konsumenten die Vorteile des kontaktlosen Bezahlens: Schnell und „Corona-konform“ mit Abstand zur Kasse für den Einkauf zu bezahlen, liegt im Trend. Kann sich das veränderte Zahlungsverhalten langfristig durchsetzen?

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Bezahlen im Corona-Alltag – Bargeld auf dem Rückzug

Möglichst rasch durch die Kasse kommen: Das Corona-Jahr 2020 hat der Kartenzahlung einen kräftigen Schub versetzt. Wohin der Trend geht, spiegelt eine Befragung der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland mit deutlichen Zahlen wider:

  • Bei 30 Prozent aller erfassten Zahlungen (Ladenkasse, Freizeit, Onlinehandel und weitere Anlässe) kam 2020 eine Bankkarte zum Einsatz. Im Jahr 2017 lag dieser Wert noch bei 21 Prozent.
  • Der Anteil der Barzahlungen ging auf 60 Prozent zurück. Drei Jahre zuvor meldete die Zahlungsverhaltensstudie noch 74 Prozent.

Für mobiles Bezahlen ohne EC- und Kreditkarte können sich die Deutschen indes bislang nicht so richtig begeistern: Apple Pay auf dem iPhone bzw. Google Pay auf Android-Geräten gibt es zwar schon seit einigen Jahren. Allerdings gaben 2020 lediglich 13 Prozent aller Smartphone-Besitzer an, dass sie von diesem Feature bereits einmal Gebrauch gemacht haben. Den meisten ist mobiles Zahlen schlicht zu kompliziert oder zu unsicher. Damit macht der Anteil der Transaktionen an der Kasse per Apple Pay, Google Pay oder Banking-App bislang nur drei Prozent aus.

Die Plastikkarte mit Zahlungsfunktion ist und bleibt das Mittel der Wahl, wenn es um das bargeldlose Bezahlen geht: 38 Prozent aller Befragten haben mehr als eine Girocard (bzw. andere Debitkarten) im Portemonnaie, 60 Prozent immerhin eine. Nur ein kleiner Anteil von zwei Prozent verzichtet komplett auf Bezahlkarten. 58 Prozent führen zudem eine Kreditkarte mit sich. Beliebt sind Kreditkarten vor allem bei Gutverdienern sowie bei Personen im mittleren Alter.

Liebe zum Bargeld bleibt, gerade wegen der Krise

Für ein Umdenken bei der Bezahlart hat wesentlich der deutsche Einzelhandel beigetragen – vielerorts prangen heute Schilder, die Kunden um bargeldloses Bezahlen bitten. Ein erhöhtes Infektionsrisiko durch den Gebrauch von Banknoten und Münzen ist zwar wissenschaftlich nicht nachgewiesen, wie auch die Bundesbank mehrmals bestätigte. Dennoch lautet die Devise: Sicher ist sicher. EC- und Kreditkarten haben ihre höheren Transaktionszahlen zudem dem Boom beim Online-Shopping zu verdanken. Anstatt einen Einkaufsbummel durch die Innenstadt zu unternehmen, kauften mehr Menschen im Internet ein. Laut Daten des Statistischen Bundesamts lagen Online-Transaktionen 2020 zeitweise um 61 Prozent höher als im Vergleich zum Vorjahr. Die größten Anstiege waren im April 2020 zu beobachten. Restaurants und Kinos blieben lange geschlossen, Events und Volksfeste fanden nicht statt – damit hatten Bürger und Bürgerinnen ohnehin weniger Möglichkeiten, ihr Bargeld loszuwerden. Es gibt also klare Indikatoren, weshalb die Bargeldverwendung gegenüber der Kartenzahlung 2020 verstärkt eingebüßt hat.

Trotz all dieser Veränderungen hat das Bargeld für die Deutschen nicht an Bedeutung verloren. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Insbesondere in Krisenzeiten vermittelt Bares ein Gefühl von Sicherheit. So stieg vor allem zu Beginn der Pandemie die Nachfrage nach Bargeld. Die Bundesbank vermutet, dass die Deutschen vieles davon horten – bei rund 40 Prozent der Bargeldnachfrage könnte dieses Motiv dahinterstecken. Der Wert der ausgegebenen Scheine stieg 2020 gegenüber dem Vorjahr um 9,5 Prozent. Ende Mai 2021 betrug der Anstieg der ausgegebenen Banknoten immerhin noch 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Obwohl digitales Zahlen im Kommen ist, konnten Bankkarten „echtem“ Geld bislang nicht den Rang ablaufen. Einer EZB-Erhebung zufolge wünschen sich die meisten Deutschen auch für die Zukunft, zwischen Bargeld und digitalen Bezahlverfahren wählen zu dürfen. Die Notenbank rechnet daher damit, dass Geldscheine und Münzen auch in der Zeit nach Corona das führende Zahlungsmittel bleiben.

Bargeld-Obergrenze – Limits für Barzahlungen

Ebenfalls interessant im Zusammenhang mit Bargeldzahlungen sind die europäischen Bargeld-Obergrenzen. Ob beim Autokauf oder im Möbelgeschäft – viele Käufer legen selbst bei größeren Anschaffungen lieber Bargeld auf den Tisch, als die EC-Karte durch das Lesegerät zu ziehen. Die EU-Kommission beschloss jedoch vor ein paar Jahren strikte Bargeld-Obergrenzen, um Geldwäsche den Kampf anzusagen. Diese Strategie wirkt sich für Sie konkret wie folgt aus:

  • Wenn Sie mit mehr als 10.000 Euro im Gepäck durch die EU reisen, müssen Sie dies bei der Zollkontrolle auf Nachfrage mündlich melden. Die Obergrenze bezieht sich nicht allein auf Bargeld, sondern auf sämtliche Zahlungsmittel. Dazu gehören unter anderem Edelmetalle und Sparbücher.
  • Für Bargeldzahlungen hat jedes EU-Land eigene Ober- bzw. Höchstgrenzen festgelegt. Höchstgrenzen gelten unter anderem in Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland. Alle Beträge, die über die Höchstgrenze hinausgehen, müssen Sie per Überweisung oder Bankkarte begleichen. In Italien liegt die Höchstgrenze zum Beispiel bei 999,99 Euro.
  • In Deutschland gelten bislang keine Höchstgrenzen für Barzahlungen. Wenn Sie allerdings einen Betrag von mehr als 10.000 Euro in bar bezahlen möchten, müssen Sie sich dem Händler gegenüber ausweisen. Der Händler ist außerdem dazu verpflichtet, Ihre persönlichen Daten (Name, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnanschrift) abzufragen.
  • Beim anonymen Kauf von Edelmetallen ist in Deutschland eine Bargeldobergrenze von 2.000 Euro zu beachten. Wenn Sie Gold, Silber, Platin etc. im Wert von über 2.000 Euro bei einem Händler erwerben, muss dieser den Kauf registrieren.

Stand: Mai 2022