Wohnraumberechnung: Warum falsche Angaben teuer werden können
Wie funktioniert eine Wohnraumberechnung?
Die Berechnung der Wohnfläche von Immobilien gestaltet sich bereits vor dem Vermessen kompliziert. Denn verbindliche Regeln zur Wohnraumberechnung bestehen nur für öffentlich geförderten Wohnraum (Sozialwohnungen). Hier gilt die seit 2004 gültige Wohnflächenverordnung. Auf dem freien Wohnungsmarkt gibt es keine einheitliche Rechtsvorschrift. Zwar greifen Gerichte im Streitfall auf diese Verordnung zurück. Das gilt allerdings nur, wenn im Mietvertrag keine andere Norm zur Wohnraumberechnung vereinbart wurde. Auch wenn die ursprüngliche Berechnung der Wohnfläche aus der Gültigkeitszeit einer mittlerweile veralteten Norm stammt, gelten deren Vorgaben.
Tipp
Prüfen Sie vor der Wohnraumberechnung Ihren Mietvertrag, um die geeignete Berechnungsgrundlage zu ermitteln. Je nach zugrunde liegender Norm sind Abweichungen von bis zu 40 Prozent möglich.
Welche Norm gilt für die Wohnraumberechnung?
Die folgende Übersicht hilft Ihnen dabei, die passende Norm zur Wohnraumberechnung zu finden, bevor Sie mit Zollstock oder Lasermessgerät zur Tat schreiten.
- Wohnflächenverordnung: Explizit gilt diese Verordnung nur für öffentlich geförderten Wohnraum. Aber die meisten Gerichte nutzen sie als Grundlage, wenn keine andere Vereinbarung getroffen wurde und keine anderen Normen gelten.
- Zweite Berechnungsverordnung: Hier handelt sich um den Vorgänger der seit 2004 geltenden Wohnflächenverordnung. Sie findet heute noch Anwendung, wenn der Vermieter den Wohnraum vor dem 01. Januar 2004 vermessen und es seitdem keine baulichen Veränderungen gegeben hat.
- DIN 277: Diese Norm eignet sich wenig für die Wohnraumberechnung, da sie aus dem Baurecht stammt und alle Grundflächen erfasst. Vermieter wenden sie gern an, da sie hohe Werte liefert. Ist diese Norm im Mietvertrag vereinbart, ist sie bei frei finanziertem Wohnraum bindend.
- DIN 283: Diese Norm ist seit dem Jahr 1983 außer Kraft gesetzt. Trotzdem ist sie gültig, wenn sich die Parteien im Mietvertrag auf diese Art der Wohnraumberechnung geeinigt haben, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH 23.05.2007 – VIII ZR 231/06).
Was gehört zur Wohnfläche?
Welche Anteile der Raumfläche als solche zählen, das hängt stark von der jeweiligen Norm ab. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die beiden häufigsten Verfahren.
Wohnraumberechnung nach Wohnflächenverordnung
- Wohnräume wie Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad, Kinderzimmer oder Flur fließen ab einer lichten Höhe von 2 Metern voll in die Berechnung mit ein.
- Liegt die Deckenhöhe zwischen 1,00 und 1,99 Meter (z. B. unter Dachschrägen), zählt nur die Hälfte dieser Flächen als Wohnfläche.
- Liegt die Deckenhöhe unter einem Meter, entfällt die Anrechnung.
- Balkon, Terrasse oder Loggia zählen mit einem Viertel der Grundfläche als Wohnfläche. Erhöht diese Ausstattung den Wohnwert deutlich, zählt die Hälfte der Fläche als Wohnfläche.
- Bodentiefe Nischen (z. B. an Fenstern oder Türen) zählen ab einer Tiefe von 13 Zentimetern dazu, dagegen reduzieren Säulen über 1,50 Meter Höhe ab einer Grundfläche von 0,1 Quadratmetern die Wohnfläche.
- Ungeheizte Wintergärten oder Schwimmbäder werden zu 50 % angerechnet, beheizte dagegen voll.
- Nicht zu Wohnzwecken geeignete Räume wie Abstellkammern und Nutzflächen außerhalb der Wohnung (Keller, Trockenraum, Treppenhaus, etc.) fließen nicht in die Wohnraumberechnung ein.
Wohnraumberechnung nach DIN 277
- Die Grundfläche entspricht der Wohnfläche, die Raumhöhe wird nicht berücksichtigt.
- Balkon, Terrasse oder Loggia fließen ebenso voll in die Berechnung mit ein wie Nebenräume, bspw. Heizungsraum, Keller, Garage oder Trockenraum.
- Schwimmbäder und Wintergärten zählen voll.
Wer darf eine Wohnraumberechnung durchführen?
Grundsätzlich dürfen Sie selbst zu Zollstock oder Laserentfernungsmesser greifen und die Wohnfläche berechnen. Auch der Vermieter darf tätig werden. Kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, müssen Sie allerdings Ihre Messergebnisse beweisen.
Wenn Ihre Messergebnisse stark von den Angaben im Mietvertrag abweichen, ist es empfehlenswert, einen Sachverständigen mit der Wohnraumberechnung zu beauftragen.
Mietminderung: Wohnfläche zu klein?
Ist die Diskrepanz zwischen Vertrag und Realität zu groß, haben Sie sogar rückwirkend das Recht zur Mietminderung. Die Wohnfläche muss dann erheblich kleiner sein als angegeben. Erheblich sind Abweichungen von zehn Prozent oder mehr. Auch bei geringeren Abweichungen können Sie bares Geld sparen. Denn die Abrechnung der Nebenkosten sowie eventuelle Mieterhöhungen darf der Vermieter nur anhand der tatsächlichen Größe vornehmen. Im Streitfall ist eine Rechtsschutzversicherung mit dem Baustein Mietrechtsschutz sehr empfehlenswert.