08.04.2022

Vom Internet zum Metaversum

Es war ein Paukenschlag in der Welt des Internets: Ende Oktober 2021 kündigte Facebook-Chef Mark Zuckerberg an, sein Konzern, zu dem unter anderem auch der Messengerdienst WhatsApp und die Social-Media-Plattform Instagram gehören, solle künftig Meta Platforms, kurz Meta, heißen. Die Umbenennung darf als Anspielung auf das möglicherweise nächste große „Internetding“ verstanden werden, das sogenannte Metaverse oder Metaversum. Zuckerberg sieht sich hier wie bei Social Media als Vorreiter.

Im Metaverse werden die Nutzer mehr denn je Teil des Internets. Dafür sollen physische und virtuelle Elemente noch enger verzahnt werden, als dies heute bei virtueller Realität („Virtual Reality“) oder erweiterter Realität („Augmented Reality“) der Fall ist. Letztere kombiniert bereits reale mit künstlichen Welten – ein einfaches Beispiel dafür ist die bei Fußballübertragungen im TV in das reale Bild eingeblendete „Abseitslinie“ oder das mobile Computerspiel Pokémon Go.

Internet in neuen Höhen

Die griechische Vorsilbe Meta bedeutet im Zusammenhang mit einem Substantiv, dass sich etwas auf einer höheren Ebene befindet. Durchs Metaverse zu surfen, wäre demnach Internetnutzung auf höherem Niveau. In der Literatur taucht der Begriff Metaverse erstmals im 1992 erschienenen Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ des US-Autors Neal Stephenson auf. Die „realen“ Charaktere des Buches flüchten sich hier als Avatare (digitale Zwillinge) in ein Metaverse in Form eines ausschließlich über das Internet spielbaren Computer-Rollenspiels.

Wie das ganz reale virtuelle Metaversum aussehen könnte, ist noch wenig mehr als eine Idee. Der Tech-Vordenker und Investor Matthew Ball, früher Strategiechef beim Filmproduktionsunternehmen Amazon Studios, bezeichnet es als „ein Netzwerk dreidimensionaler, in Echtzeit erzeugter, virtueller Welten, durch die sich ein Individuum wie im realen Leben mit derselben Identität, denselben Objekten, Daten und Rechten bewegt – und das zeitgleich mit einer unbegrenzten Zahl anderer Individuen“. Es werde eine virtuelle Welt sein, in die man als Mensch noch tiefer als bisher eintauchen könne, bis hin zur direkten Übertragung von seinen aktuellen Gesichtsausdrücken, schwärmt Mark Zuckerberg. Man werde reale Gegenstände einscannen und dem Metaversum hinzufügen können. Umgekehrt könnten virtuelle Gegenstände als Hologramme in die reale Welt projiziert werden – das Holodeck aus der Science-Fiction-Serie „Star Trek“ lässt grüßen. Für Arbeit und Freizeit sollen die Nutzer verschiedene digitale Avatare einsetzen können. In fünf bis zehn Jahren werde vieles davon zum Alltag gehören, meint Zuckerberg. Wie die Vorstellungen des Meta-Chefs aussehen, können Sie sich hier im Video ansehen.

Viele Welten, viele Player

Von einem ganz neuen virtuellen Universum träumt nicht nur Facebook beziehungsweise Meta. Auch der Softwarekonzern Microsoft, der Videospieleproduzent Epic Games („Fortnite“) oder der Chip- und Grafikkartenhersteller Nvidia verfolgen Metaversum-Konzepte. Im Online-Universum des Multiplayer-Online-Games Fortnite beispielsweise können Fans schon heute mit ihrem Avatar Konzerte von Superstars besuchen, die dort ebenfalls als Avatare auftreten. Bei Nvidia heißt das Metaverse Omniverse und ist eine Plattform, über die komplexe reale Objekte visualisiert werden können. Der Automobilhersteller BMW etwa simuliert damit die Produktion in einer seiner Fabriken, um fehlerhafte oder ineffiziente Produktionsabläufe zu erkennen.

Nvidia-Vizepräsident Richard Kerris definiert das Omniverse als eine Ansammlung virtueller Welten – so wie das Universum eine Ansammlung von Planeten, Sonnen, schwarzen Löchern etc. ist. Verbinden ließen sich diese Welten über die Blockchain, jene Technologie, die auch Grundlage virtueller Währungen wie Bitcoin ist. Bitcoins könnten in Zukunft auch eines der Zahlungsmittel im virtuellen Universum sein. Denn den Erschaffern der virtuellen Welten geht es natürlich nicht zuletzt um eines: damit ganz reale Gewinne zu erwirtschaften. Virtuelle Gegenstände könnten im Metaverse zum Beispiel in Form von „Non-Fungible Tokens“ (NFT), zu Deutsch „nicht austauschbaren Wertmarken“, verkauft werden. NFTs gibt es bereits, zum Beispiel als digitale Kunstwerke. Sie besitzen einen individuellen Wert und können nicht einfach beliebig kopiert werden.

Nun geht es zunächst darum, dass sich alle beteiligten Akteure auf einen gemeinsamen technischen Standard für das Metaversum einigen – damit ein im virtuellen Universum gekaufter Tisch immer gleich aussieht, ganz egal ob man mit einem Apple iPhone, einem Windows-Browser oder einer VR-Brille von Oculus hineinsurft. Wie im realen Leben eben.