Immobilienkauf: Der Wind hat sich gedreht

Aus Ausgabe 3/2022
Die Hypothekenzinsen sind im Verlauf dieses Jahres rasant gestiegen und schaffen eine völlig neue Ausgangslage für Immobilienkäuferinnen und -käufer. Manche von ihnen werden ihre Pläne vielleicht sogar auf Eis legen müssen.

Bild Nr. 1660, Quelle: Postbank / © Jochen Manz

Von Januar bis Oktober dieses Jahres stiegen die Bauzinsen mit zehn­jähriger Zins­bindung von einem Prozent auf mehr als drei Prozent – eine Steigerung von über 200 Pro­zent. Da die Euro­päische Zentral­bank bereits eine erneute Zins­er­höhung im Kampf gegen die hohe In­flation an­ge­kündigt hat, ist mit einem weiteren An­stieg der Hypo­theken­zinsen zu rech­nen. Gleich­zeitig befinden sich die Preise für Häuser und Eigen­tums­wohnungen immer noch auf einem hohen Niveau. Wer seinen Wunsch nach den eigenen vier Wänden bis heute noch nicht ver­wirk­lichen konnte, muss jetzt mit spitzem Stift kalku­lieren, ob er den Kauf finan­ziell stemmen kann: „Die steigenden Zinsen ver­teuern den monat­lichen Aufwand für eine Bau­finan­zierung deutlich. Das kann für sogenannte Schwellen­haus­halte dazu führen, dass die Wunsch­immo­bilie kleiner aus­fallen muss oder ein Kauf sogar un­möglich wird“, erklärt Florian Schüler von Postbank Immo­bilien. Kauf­interes­senten, die schon längere Zeit auf der Suche nach ihrer Wunsch­immo­bilie sind, sollten ihre Finan­zierungs­kon­zepte an die ak­tuellen Kondi­tionen an­passen und realis­tisch ein­schät­zen, ob das Budget für den Kauf ausreicht. Als Orien­tierung gilt, dass die monat­liche Be­lastung für Zins und Tilgung nicht mehr als 35 Pro­zent des ver­füg­baren Netto­ein­kommens be­tragen sollte.

Tempo raus

Der Immo­bilien­kauf wird für einige Interes­senten un­er­schwing­lich – dadurch sinkt die Nach­frage auf dem Immo­bilien­markt. Dies bringt für Käufer auch Vor­teile mit sich: „Da der Markt etwas Ge­schwindig­keit verloren hat, haben Kauf­interes­senten mehr Zeit, Objekte zu prüfen und zu vergleichen. Während vor einem halben Jahr eine Immo­bilie in der Regel höchs­tens 14 Tage zum Ver­kauf stand, dauert es heute deutlich länger, einen passenden Käufer zu finden“, sagt der Postbank Experte. „Zudem scheinen sich die Preis­steigerungen der letzten Jahre nicht weiter fort­zu­setzen. Im Gegenteil – einige über­trieben hohe Preise werden nun nach unten korrigiert.“ Einen Preis­rutsch sieht Florian Schüler dennoch nicht: „In vielen Regionen übersteigt die Nach­frage das Angebot. Es wird immer noch zu wenig gebaut, um den Bedarf zu decken.“ Die Gründe dafür sind viel­schich­tig. Unter anderem fehlt das Bauland, Bau­material ist knapp und teuer und es mangelt an Hand­werkern.