Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Wer in diesem Frühjahr mit einer einschlägigen Tracking-App den Frachtschiffsverkehr vor der Küste Chinas verfolgte, sah vor allem eines: einen gewaltigen Stau. Der Grund: China hatte nach einem erneuten Corona-Ausbruch mit der hochansteckenden Omikron-Variante im Rahmen seiner Null-Covid-Strategie Anfang April einen strengen Lockdown über verschiedene Städte verhängt, darunter auch die 26-Millionen-Einwohner-Stadt Shanghai mit dem größten Hafen der Welt. In der Folge mussten viele chinesische Betriebe die Produktion einstellen oder stoppen und der Containertransport aus der Volksrepublik brach ein.
Die Schockwellen des Stillstands im Fernen Osten haben sich längst entlang der globalen Lieferketten ausgebreitet. Laut dem Kiel Trade Indicator des Kieler Instituts für Weltwirtschaft steckten im Mai 2022 rund 11 Prozent aller weltweit verschifften Waren im Stau – mit entsprechenden Auswirkungen auch auf die deutsche Wirtschaft. Viele Unternehmen bekämen ihre Waren teilweise wochenlang nicht aus dem Land, berichtete Maximilian Butek, Delegierter der deutschen Wirtschaft in Shanghai, Ende April der Nachrichtenagentur dpa. Auch alternative Lieferwege über andere Häfen reichten demnach nicht aus, um den Ausfall abzufedern. Das betreffe im Prinzip alle Warengruppen, insbesondere aber Elektronikartikel und Rohstoffe sowie Vorprodukte. Diese Waren könnten in Deutschland bald an allen Ecken und Kanten fehlen oder tun dies bereits. Denn bis sich die Störungen in den Lieferketten aufgelöst haben, könnten noch viele Monate vergehen. Dabei sei der Hafen an sich nicht einmal das größte Problem, sagt Butek. Die Schwierigkeit liege wegen der strengen Corona-Maßnahmen vielmehr im Transport mit Lastwagen von und zum Hafen. Knapp geworden sind wichtige Komponenten für die Produktion zudem durch den Russland-Ukraine-Krieg. Fehlende Kabelbäume machen zum Beispiel dem Kfz-Bereich zu schaffen: Hier sank die Produktion nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im März um 14,0 Prozent. Auch der gewichtige Maschinenbau musste seine Produktion demnach kräftig um 5,3 Prozent reduzieren.